GHB

Großer Hof Braunschweig

Standort
Braunschweig

Jahr
2024

Ausloberin
Stadt Braunschweig

Leistung
Wettbewerb

Team
+ Florian Hultsch
+ Amir Touhidi
+ Alena Homa
+ Zoe Lißner
+ Nele Ohrdes

Konzept

Das neue Wohn- und KreativQuartier Großer Hof entsteht in der Schnittstelle zwischen dem Stadtraum der Braunschweiger Innenstadt mit dem naheliegenden Hagenmarkt und dem Landschaftsraum Inselwall mit dem Fluss Oker. Es liegt im Einzugsgebiet der TU Braunschweig und der Hochschule für Bildende Künste sowie im Spannungsfeld der historischen St. Andreas und St. Katharinenkirche. Das Quartier wird in fünf Stadtblöcke und differenzierte Stadträume gegliederte. Die Stadträume dienen der fußläufigen Erschließung, dem Aufenthalt und der Vernetzung mit der umgebenden Stadtstruktur und nehmen ortsspezifische Besonderheiten wie zentraler Lage, Bestand von Großbäumen, Wegebeziehungen, historische Strukturen wie Wasserläufe oder Mauerreste und Überschwemmungsgefährdung auf. Jeder Quartiersblock wird unter Berücksichtigung seiner Lage im Stadtraum und den damit einhergehenden unterschiedlichen Umwelteinflüssen und den stadträumlichen Beziehungen genutzt und gestaltet. Identitätsstiftende Einrichtungen werden im Zentrum, Parkplätze am Quartiersrand an der stark befahrenen Wendenstraße und Wohnungen im lärmgeschützten Inneren des Quartiers verortet. Die Entwicklung des Quartiers kann in mehreren Realisierungsschritten durchgeführt werden. Begonnen wird mit der Errichtung eines ForschungsParkhauses zur Kompensation der bestehenden Stellplätze. Dann erfolgt der Umgestaltung der Quartiersmitte mit GalerieHöfen und GalerieGarten und der nachfolgen Entwicklung der Stadtblöcke an der Reichstraße. Zum Abschluss der Quartierentwicklung kann je nach Verfügbarkeit der privaten Grundstücke der Stadtblock an der Kemenate neu bebaut werden.

Städtebau und Nutzung

Im Zentrum des neuen Quartieres stehen die Nutzungen Wohnen und Kreativwirtschaft. Das Quartier wird durch fünf unterschiedliche Baufelder gegliedert. In allen Baufeldern werden die Erdgeschosszonen durch öffentliche Nutzungen mit überwiegendem Bezug zur Kreativwirtschaft genutzt. In den Obergeschossen befinden sich zumeist Wohnnutzung mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Der Block der ehemaligen Markthalle nimmt die GalerieHöfe mit Café und Shop auf. Die GalerieHöfe entwickeln sich zwischen den bestehenden Mauern der ehemaligen Markthalle. Die historische Mauer wird zur Leinwand der Galerie und Kunstobjekt gleichermaßen. Die Höfe öffnet sich durch gezielt gesetzte Mauerdurchbrüche zu den angrenzenden Stadträumen und laden so zum Entdecken und Verweilen ein. Diese Vernetzung mit der Umgebung wird durch eine weitestgehend öffentliche Erdgeschossnutzung als städtische Galerie mit integriertem Werkhof und angegliederten Ateliers unterstrichen. Das Café besetzt gleichermaßen den Gartenbereich zwischen der historischen Mauer und der Galerie als auch den GalerieGarten am Großen Hof. In den Obergeschossen bereichert studentisches Wohnen das lebendige Zentrum des neuen Quartiers. Der Block am Großen Hof ist den Familien gewidmet. Hier befindet sich das FamilienForum mit angegliederter Kita. Das FamilienForum nutzt den besehenden Altbau der Helene-EngelbrechtSchule und öffnet sich mit einem Café zum Großen Hof und trägt so zur Belebung des Quartiersplatzes bei. Die Kita nutzt den Altbau mit der bestehenden kleinen Sporthalle an derReichsstraße. Hierbei könnte die Sporthalle zum multifunktionalen zentralen Bereich der Kita umgenutzt werden. Die Erdgeschosszonen des Blockes werden überwiegende durch soziale Einrichtungen genutzt. In den Obergeschossen entsteht großzügiger Wohnraum für Familien. Der Block gegenüber der Galerie dient dem generationenübergreifenden Wohnen. Hier soll eine Mischung aus gemeinschaftlichen Wohnformen entstehen. Die Erdgeschosszonen öffnen sich zur Umgebung und werden durch Gemeinschaftseinrichtungen und Nutzungen der Kreativwirtschaft besetzt. Der Innenhof dient der gemeinschaftlichen Nutzung. Der südliche Stadtblock umrahmt die Kemenate und öffnet sich zur Reichsstraße. Hierdurch wird das Denkmal sichtbar in den Stadtraum eingegliedert. Die Kemenate wird behutsam ergänzt und einer neuen kulturellen Nutzung zugeführt. Die Erdgeschosse des Blockes erhalten kulturelle und gemeinschaftliche Nutzungen. In den Obergeschossen entsteht seniorengerechter Wohnraum. Da sich der Stadtblock der Kemenate im Privatbesitz befindet ist der Entwurf so konzipiert, dass sich die Blockränder der bestehenden Bebauung und der Neuplanung überlagern und somit die Quartiersentwicklung eigentumsunabhängig umgesetzt werden kann.Der Stadtraum entlang der Wendenstraße wird für ein neues ForschungsParkhaus genutzt. Das ForschungsParkhaus ist ein innovativer Mobility Hub und bietet neben Stellplätzen für Car,- Bike, und Roller-Sharing als Quartiersgarage Raum für knapp 200 PKW. Es ist als Forschungsreinrichtung in Zusammenarbeit mit der TU Braunschweig für die Bereiche Mobilität, Gebäudebegrünung und innerstädtische Energiegewinnung geplant. Des Weiteren ist das ForschungsParkhaus als terrassierter Park, ein „Park“-Haus im besten Sinne des Wortes, dessen Terrassen den Landschaftsraum des Inselwalls in den Stadtraum hineinziehen und interessante Aus- und Einblicke auf die naheliegenden Kirchen und die umgebenden Baumkronen bieten. Es dient zudem als grüner Lärmschutz für das angrenzende Wohn- und Kreativquartier „Großer Hof“.

Grün- und Freiraum

Der neu entstehende Pocket Park wird zum GalerieGarten. Er nimmt die kleinteiligen Strukturen und Atmosphären der GalerieHöfe auf und überträgt sie auf die unmittelbar angrenzende Freiraumsituation. Es entsteht ein grüner Freiraum, der die unterschiedlichsten Funktionen und Bedürfnisse des Quartiers bedient. Die einzelnen grünen Einheiten bilden differenzierte Räume, die den Platz für das Spielen und Toben, biodiverse Pflanzungen und ein Wasserspiel bereithalten. Die einzelnen Einheiten werden von langgestreckten Sitzelementen gesäumt und laden zum Verweilen unter den imposanten Bestandsplatanen ein. Zwischen den einzelnen Grünelementen ergeben sich platzartige Aufweitungen, die dem FamilienForum und den GalerieHöfen zugeordnet werden können. Hier ist Raum für Außengastronomie, Aufenthalt und kleine Veranstaltungen. Als Erweiterung der GalerieHöfe dient der GalerieGarten ebenso als Ausstellungsort im Freien und kann Kunstobjekte oder Skulpturen temporär oder dauerhaft aufnehmen. Die Innenhöfe der einzelnen Stadtblöcke werden als gemeinschaftliche Freiräume ausgestaltet. Lediglich der südlichste Hof erhält durch die öffentlichkeitswirksame Kemenate öffentlich zugängliche Aufenthaltsflächen. Die Straßenräume im Quartier werden möglichst grün gestaltet. Ein großzügiger, mittig gelegener entsiegelter Streifen bietet Platz für üppige Pflanzflächen, Sitzgelegenheiten sowie Abstellmöglichkeiten für Fahrräder. Im Öffentlichen Raum können so bis zu 360 Räder untergebracht werden. Lediglich die notwendigen Erschließungszonen für die Gebäude, Knotenpunkte sowie Flächen für Rettungsfahrzeuge werden mit hellen Betonsteinpflaster ausgeführt. In Nord-Südrichtung werden die mittig geführten Grüninseln zusätzlich mit einer Wasserrinne aus Cortenstahl gestaltet, welche an den heute verrohrten Burgmühlengraben erinnert. Die neu entstehenden Grünflächen im öffentlichen Raum nehmen Regenwasser auf und halten es zurück, bis es versickern kann. Sie fungieren damit als wichtiger Bestandteil des Regenwassermanagements und mindern die Gefährdung von Überschwemmungen erheblich. Im Bereich des GalerieGartens wird die Wasserrinne zum Wasserspiel. Die großflächig anlegten Grünflächen sowie die Wasserelemente beeinflussen das Mikroklima im gesamten Quartier des Großen Hofs positiv und wirken den Hitzeinseleffekten der innerstädtischen Lage entgegen.

Mobilität und Verkehr

Vorrang für den nicht motorisierten Individualverkehr. Das neue Quartier wird weitestgehende von motorisiertem Verkehr freigehalten. Daher sind öffentliche und private PKW-Stellplätze entlang der Ränder des Quartiers an der Wendenstraße und an der Reichsstraße angeordnet. An der von Norden kommen Einfallstraße zur Innenstadt, der Wendenstraße entsteht das ForschungsParkhaus als Mobility Hub mit rund 200 Stellplätzen. Die Reichstraße wird verkehrsberuhigt und dient als Zubringer für rund 150 private Stellplätze in den Tiefgaragen unter den angrenzenden Stadtblöcken. Ebenso erfolgt die Erschließung der neuen Kita über die verkehrsberuhigte Reichstraße. Interne Wege und Plätze des Quartiers sind Radfahrern und Fußgängern vorbehalten. Entlang dieser Wege und Plätze stehen eine Vielzahl von öffentlichen Abstellmöglichkeiten für Fahrräder zur Verfügung. Neben den öffentlichen Stellplätzen für Räder sind rund 900 private Fahrradstellplätze in den Innenhöfen sowie an und in den Wohngebäuden geplant. Für alle Gebäude ist die Erreichbarkeit durch Rettungsfahrzeuge der Feuerwehr über befestigte Flächen gegeben.

Ökologie und Nachhaltigkeit

Zur Verbesserung des ökologischen Mikroklimas trägt die Renaturierung der ehemals versiegelten Flächen im Planungsgebiet im erheblichen Umfang bei. Wo bestehende Bäume in wenigen Fällen neuen Gebäuden weichen müssen, werden diese durch Neupflanzungen ergänzt. Die neue Bebauung soll nachhaltig und mit einem möglichst geringen ökologischen Fußabdruck errichtet werden. Hierzu sollen neben der umfangreichen Verwendung von ökologischen Baustoffen genauso Dach- und Fassadenbegrünungen sowie Retentionsflächen in den Freianlagen und auf den Dächern geplant werden. Grüne Dächer mit Retentionsflächen können hierbei gut mit PV-Anlagen kombiniert werden. Hierdurch wird nicht nur die Flora und Fauna im Quartier gestärt, sondern auch der Ertrag der PV-Anlagen durch die kühlende Begrünung auf den Dächern erhöht. Der Ertrag der PV-Anlagen kann in Batterien zwischengespeichert und in den Abendstunden abgegeben werden. Die Luftzirkulation durch die Nachbarschaftswege und Freiflächen ermöglicht eine sommerliche Kühlung des Quartiers. Sie wird durch offene Wasserläufe und Wasserflächen sowie durch Bestandsbäume und Neupflanzungen unterstützt.